Rundum geschützt
Die ersten Stadtmauern in Deutschland gab es schon in der Bronzezeit, aber die erste Stadt der Welt, deren Bewohner sich durch eine umlaufende Stadtmauer schützen wollten, soll Jericho gewesen sein. Schon um 7.000 v. Chr. gab es wohl einen gemauerten Ring um die Siedlung im palästinensischen Westjordanland. Ob die Kanaaniter diese Mauern wirklich mittels Trompeten zu Fall brachten, ist allerdings archäologisch nicht bewiesen.
Im 2. Jahrtausend vor Chr. gab es in Europa noch lange keine befestigten Städte, aber schon begannen große Siedlungen sich durch einen Wall zu schützen, der später noch durch Holzpalisaden verstärkt wurde. Solche geschützten Orte gab es dann auch bei den Kelten. Für die Römer hießen die Kelten Gallier und die Orte „Oppidum“ oder in der Mehrzahl „Oppida“ – daher der Name für dieses Städteportal.
Mittelalterliche Stadtmauern
Im Mittelalter umgaben sich fast alle Städte mit einer Stadtmauer. In die Stadt herein oder aus der Stadt heraus kam man nur durch die bewachten Stadttore, die in der Nacht geschlossen wurden.
Das Bauen von Stadtmauern in Deutschland war im Mittelalter ein Privileg, das Befestigungsrecht wurde vom Landesherrn verliehen. Den Bau der Mauer bezahlten die Bürger, entweder mit Geld oder mit Arbeitsstunden.
Stadtmauern in Deutschland bestanden aus einem geschlossenen Mauerring mit bewachten Toren. Damit die Wachen rund um die Stadt Wache schieben konnten und die Stadt an jeder Stelle verteidigt werden konnte, gab es auf der Mauerkrone meist sehr schmalen Rundweg, geschützt nach außen mit Brüstung, Schießscharten oder Zinnen. Zum Schutz vor Regen und Sturm war der Wehrgang oft überdacht.
Zur besseren Verteidigung wurden die Stadtmauern in Deutschland und Europa noch verstärkt. Türme dienten nicht nur der besseren Übersicht, Angreifer konnten auch von oben beschossen werden. Auch von hervorkragenden Wehrgängen konnten Angreifer von oben herab besser bekämpft werden, zum Beispiel mit von oben herabgeworfenen Steinen oder heißem Teer oder Öl. Diese Gänge wurden daher auch oft als „Mordgänge“ bezeichnet.
Gelegentlich gab es vor der Mauer auch mit Wasser gefüllte Stadtgräben oder andere Hindernisse wie Dornenhecken oder vorgelagerte niedrige Mauern.
Erst durch die Erfindung der Kanonen konnten Stadtmauern empfindlich getroffen werden. Daher wurden die Stadtbefestigungen ab dem 16. Jhdt. Noch einmal mit vorgelagerten Wallanlagen, Stadtgräben und Zwingern erweitert.
Das Ende der Stadtmauern
Das, was den meisten Stadtmauern schließlich ein Ende bereitete, waren keine Kriege, sondern die Industrialisierung im 19. Jhdt., verbunden mit wachsender Stadtbevölkerung, die in der Enge der ummauerten Altstadt keinen Platz mehr fand. Im Zuge des Eisenbahnbaus, dem Bau von Schienen und Bahnhöfen verschwanden die Stadtmauern zusehends aus dem Stadtbild.
Aber noch heute erkennt man in den meisten Städten den ehemaligen Verlauf der Stadtmauern und Wallanlagen an einem begrünten Ring rund um die Altstadt. Die Befestigungsanlagen wurden zu Parks umgestaltet, die im städtischen Alltag heute gern als Naherholungsgebiet genutzt werden.
Die längste annähernd vollständig erhaltene Stadtmauer in Deutschland ist die 2,6 km lange Stadtmauer von Nördlingen in Bayern. An der Innenseite der Mauer finden sich zahlreiche Wohnhäuser, die einst für die Stadtsoldaten erbaut wurden.
Moderne Mauern
Stadtmauern in Deutschland und in anderen Ländern gibt es nur noch vereinzelt, doch noch immer trennen Zäune und Mauern die Menschen der einen Seite von denen auf der anderen Seite. So baute Ungarn vor gar nicht langer zeit einen Zaun, um die Flüchtlinge aus Syrien daran zu hindern, in ihr Land und in die EU zu kommen. US-Präsident Trump wollte eine Mauer an den Grenzen zu Mexiko gegen illegale Einwanderer errichten und selbst Dänemark stellte einen Zaun an der Grenze zu Schleswig-Holstein hin auf. Unser nördliches Nachbarland will sein Gebiet gegen einwandernde Wildschweine schützen, die die Schweinepest übertragen könnten.
Die bekannteste Stadtmauer des letzten Jahrhunderts aber diente nicht dazu, die Stadt vor Angreifern zu schützen, sondern um die eigene Bevölkerung außerhalb der Stadt am Verlassen des eigenen Staatsgebietes zu hindern. Die Berliner Mauer, im August 1961 errichtet, sollte die DDR-Bürger an der Flucht hindern und tatsächlich gab es noch bis 1989 Tote an der Mauer, erschossen beim Überwinden des „Antiimperialistischen Schutzwalls“.
Foto oben Stadtmauer Alzey: Dieter Schütz pixelio.de