Fachwerk – ursprüngliche Bauweise
Fachwerk, starke Balken, verträumte Häuschen, fromme Sinnsprüche – wir lieben unsere Altstädte mit den vielen Fachwerkbauten. Sie erinnern uns an eine Zeit, als die Welt noch kleiner war, überschaubarer, ruhiger – als wäre die Zeit stehengeblieben. Bescheidene Handwerkerhäuschen in engen Gassen oder prächtige Bürgerhäuser rund um den Markt, die ursprüngliche Bauweise fasziniert uns.
Ursprüngliche Bauweise
Die Technik des Fachwerkbaus ist sehr alt. Stabilität und Statik des Hauses beruht im Fachwerk auf einer Holzrahmenkonstruktion in bester Zimmermannsart. Am Ende müssen nur noch die Zwischenräume, die Gefache gefüllt werden und schon ist das Haus fast fertig.
Schon die Römer kannten die Fachwerkbauweise. Es sind aber nur einige wenige Beispiele von Gebäuden dieser Art bekannt. Die Häuser in unseren Breiten wurden von der Jungsteinzeit an bis ins frühe Mittelalter in der Pfostenhaustechnik errichtet. Die tragenden Pfosten wurden in die Erde gesetzt und die Wände mit Flechtwerk und Lehm abgedichtet. Der auf Schwellbalken errichtete Fachwerkbau setzte sich erst in der Mitte des 12 Jhdts. durch und galt bis ins 19. Jhdt. als die am weitesten verbreitete Bauweise.
Sichtbares Fachwerk
Wenn wir von Fachwerkhäusern sprechen, denken wir in erster Linie an die Häuser, deren Balken und Gefache von außen her sichtbar geblieben sind. Viele andere Häuser sind aber ebenfalls in der gleichen Bauweise entstanden, wurden aber je nach Region in unterschiedlicher Weise verkleidet. So wurde das Haus oder oft auch nur die Fassade mal zum Wetterschutz, mal der Optik zuliebe zusätzlich verputzt oder zum Beispiel mit Schiefer verkleidet.
Oft wurde die Ansicht auch erst später verputzt, um zum Beispiel eine „moderne“ Fassade im Barockstil vorzutäuschen.
Im allgemeinen sind aber mit Fachwerkhäuser die Häuser gemeint, deren Holzrahmenbauweise und das Fachwerk deutlich zu sehen ist.
Vom Ständerbau zum Rähmbau
Die Entwicklung zu immer prächtigeren, größeren und kunstvoll gestalteten Gebäuden hat auch vor dem Fachwerkbau nicht haltgemacht. Zwei Techniken lassen sich deutlich unterscheiden. Während beim älteren, mittelalterlichen Ständerbau die tragenden, senkrechten Pfosten von er Schwelle bis zum Traufrahmen hochreichen, wurde beim Rähmbau oder Stockwerksbau jedes Stockwerk als Einheit angelegt, jedes Stockwerk mit eigenen Senkrechten und Querstreben kam obenauf. Damit ließen sich wesentlich höhere Gebäude bauen und auch das Hervorkragen der oberen Etagen wurde dadurch erst möglich.
Kannte man beim Bau der ersten Fachwerkhäuser die sogenannten Bänder noch nicht, tragen diese schräg im 45° Winkel verlaufenden Querhölzer später unbedingt zur Stabilität bei. Die so entstandenen Dreiecke trotzen jedem Druck von der Seite und stützen das Haus auch bei starkem Wind.
Lehm und Ziegel für die Gefache
Für das Ausfüllen der Zwischenräume, der Gefache, legte man anfangs ein Flechtwerk aus Weidenhölzern oder ähnlichem an, das mit Lehm und Stroh abgedichtet wurde. Später wurden die Gefache oft kunstvoll dekorativ vermauert. Fenster wurden der Größe des Gefachs angepasst.
Schöne Worte
Die freiliegenden Balken eigneten sich besonders für schmückende Elemente und kurze Sätze in schöner Schrift. Sollten oft religiöse Sinnsprüche Haus und Bewohnern Glück und Gesundheit verheißen, informierten andere Häuser schlicht über den Bauherren und das Baujahr.
Museum für Fachwerk in Quedlinburg.
Wie kaum eine andere Stadt steht Quedlinburg mit mehr als 1200 Fachwerkhäusern für den Fachwerkbau. In einem der ältesten Häuser der Stadt, einem Hochständerbau aus der Zeit um 1400 zeigt das Museum Fachwerkbau mithilfe von Grafiken und Modellen die Entwicklung des Fachwerkbaus vom 14. bis zum 19. Jhdt.
Fachwerkmuseum Quedlinburg
Städte mit Fachwerk
In Deutschland sind Fachwerkhäuser besonders häufig im mittleren Bereich in Hessen, Niedersachsen oder Sachsen-Anhalt anzutreffen. Viele Fachwerkstädte sind rund um den Harz zu finden: Quedlinburg, Goslar, Wernigerode, Stolberg. Aber auch Marburg, Celle, Hannoversch-Münden, Melsungen, Hameln und viele andere Städte bezaubern durch ihre Fachwerk-Architektur.
Deutsche Fachwerkstraße
Über 100 Städte, 3500 Kilometer Fachwerkstraße – 1990 wurde die Deutsche Fachwerkstraße ins Leben gerufen, in der sich über 100 Städte vom Bodensee bis zur Elbe zusammengeschlossen haben, um die Schönheit der Fachwerkstädte gemeinsam zu präsentieren. Sieben Regionalstrecken führen durch die Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg, Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Hessen und Niedersachsen.
Deutsche Fachwerkstraße