Die Geschichte von Wittenberg ist so eng mit der Person Martin Luthers verbunden, dass sie seit 1938 sogar offiziell Lutherstadt Wittenberg heißt. Hier hat Luther an der Universität gelehrt, hier seine berühmten Thesen, die die Weltgeschichte verändert haben, an die Tür der Schlosskirche geschlagen, hier wirkten seine ebenfalls berühmten Freunde Philipp Melanchthon, Johannes Bugenhagen und Lucas Cranach d.Ä.
Aber natürlich hat Wittenberg auch davor und danach eine bewegte Geschichte – hier ein Überblick.
vor 1000
Archäologische Funde weisen bereits auf eine frühgeschichtliche steinzeitliche Besiedlung vor etwa 10.000 Jahren auf dem heutigen Stadtgebiet hin. Zur slawischen Zeit befand sich hier der Gau Nizizi.
1174
Erstmals in der Geschichte von Wittenberg wird die Stadt urkundlich erwähnt. Ein Graf Thiedrich von Wittenburg wird als Burgward von "Wittenburg" genannt. In der Urkunde wird auch eine Kirche genannt, die Vorläuferin der Stadtkirche.
Kurfürstentum Sachsen
1293
Wittenberg lag im Gebiet der Askanier. 1180 erhielt Bernhard von Sachsen die Herzogswürde, 1227 errichtete die Gemahlin von dessen Nachfolger, Albrecht I. in Wittenberg ein Franziskanerkloster. Albrecht II hielt sich ständig in Wittenberg auf und wählte, inzwischen Kurfürst, den Ort zu seiner Residenz. 1293 erhielt Wittenberg Stadtrecht.
1354
Wittenberg entwickelte sich mehr und mehr zur Stadt mit aktivem Bürgertum. Ein Stadtrat wurde gewählt, Innungen entstanden. Zum Schutz der Stadt wurde eine Stadtmauer errichtet, 1354 erhielt Wittenberg Marktrecht.
1486
Mit der Regierungszeit Friedrich des Weisen begann die Blütezeit in der GEschichte von Wittenberg. Die erneute Übernahme der Kurwürde durch Friedrich den Weisen erhob Wittenberg wieder in den Rang einer kurfürstlichen Residenz. Er ließ eine neue Elbbrücke errichten, baute ein neues Schloss mitsamt Kirche und erweiterte die Festungsanlagen.
Reformation in Wittenberg
1502
Anfang des 16. Jhdts zählte Wittenberg etwa 2000 Einwohner. Der Wunsch, führende kluge Köpfe um sich zu versammeln und der Stadt weitere Bedeutung zu geben, führte 1502 zur Gründung der Universität Wittenberg, die erste Universität im Reich überhaupt, die nicht von der Kirche gegründet wurde.
1505 kam Lucas Cranach der Ältere nach Wittenberg. Schon damals im Ruf eines bedeutenden Malers betätigte er sich im Laufjahre ebenso erfolgreich als Wirt mit Weinausschank, als Besitzer einer Apotheke und als Buchhändler, Papierhändler und Verleger. 1508 kam Martin Luther zum Studieren (Theologie) an die Universität Wittenberg und wurde erst 1512, gerade zum Doctor theologiae promoviert, dort Professor. Die moderne humanistische Universität und Martin Luthers Thesen lockte auch 1518 Philipp Melanchthon nach Wittenberg, einen der unter den Studenten beliebtesten deutschsprachigen Philosophen und Denker seiner Zeit.
Zusammen mit Johannes Bugenhagen, dem Pfarrer der Stadtkirche, bildeten diese Vier den Freundeskreis der führenden Vertreter der Reformation.
Luthers Thesen
1517
Das Treiben der katholischen Kirche, besonders der ständig wachsende Bedarf des Papstes nach Geld für den Bau des Petersdomes, der größten und prächtigsten Kirche der Christenheit führte zu Auswüchsen, die Martin Luther schon lange störten.
Der Ablasshandel blühte. Männer wie Johannes Tetzel verkauften an die Gläubigen teure Ablassbriefe, die den Käufern deren Sünden vergeben sollten und ihnen Fegefeuer und Hölle ersparen konnten. Für dieses vage Glück im Jenseits gaben einige ihr gesamtes Vermögen.
Am 31. Oktober 1517 veröffentlichte Martin Luther seine 95 Thesen, in denen er gegen den Ablasshandel Stellung bezog, in dem er sie unter anderem an die Schlosskirche zu Wittenberg schlug. Die Tür der Schlosskirche diente damals als "Schwarzes Brett" der Universität, hier wurden alle wichtigen Nachrichten angeschlagen. Zusätzlich wurden die Thesen allerdings auch in gedruckter Form verbreitet. Die Gedanken der Reformation fielen auf fruchtbaren Boden.
In den folgenden Jahren verbreitete die Reformation sich stürmisch. Die Auseinandersetzungen Luthers auch mit dem Kaiser führten zum Bann, zu seiner Zeit auf der Wartburg, in der er das Neue Testament ins Deutsche übersetzte und zu seiner Abkehr von der römisch-katholischen Kirche.
ab 1600
Auch Wittenberg lag immer wieder im Zentrum der Kämpfe während des 30-jährigen Krieges. Die Festungsmauern wurden verstärkt und so wurde Wittenberg nicht direkt eingenommen, doch da die Dörfer der unmittelbaren Umgebung niedergebrannt und zerstört wurden und die Bewohner hinter die Mauern der Stadt flüchteten, kam es zu Hungersnöten und die Pest brach aus.
Auch die Elbbrücke Friedrich des Weisen wurde zerstört. Studenten und Bevölkerung gerieten immer häufiger aneinander. Trotzdem erlebte die Universität noch einmal eine Blüte und brachte so begabte Studenten wie Gotthold Ephraim Lessing hervor.
1760
In den Folgen des Siebenjährigen Krieges sollte Wittenberg Preußen zugeschrieben werden, doch Wittenberg wehrte sich. Daraufhin brannte die preußische Armee die Vorstädte nieder und begann mit dem Beschuss Wittenbergs. Schloss und Kirche wurden zerstört und auch die Thesentür.
Die Preußen zogen aber ab und 1770 konnte das Schloss Wittenbergs in seiner spätbarocken Form wieder aufgebaut werden. 1787 wurde eine neue Elbbrücke eröffnet, aber die Universität verlor ihre Bedeutung.
Napoleons Besatzung
1813
1806 besuchte Napoleon Wittenberg und ließ die Stadt daraufhin zur Festung ausbauen mit einer ständigen Besatzung von 60.000 Soldaten. Der französische Kommandant, General Lapoype, wollte, als sich 1813 und 1814 die Länder von der Herrschaft Napoleons befreiten, um keinen Meter weichen. Zum zweiten Mal in der Geschichte von Wittenberg belagerten die Preußen die Stadt, innerhalb der inzwischen Krankheit, Hunger und Not regierten. Am 12. Januar 1814 wurde nach massivem Beschuss die Stadt gestürmt.
1817
Große Teile des Landes Sachsen, auch Wittenberg wurden auf dem Wiener Kongress Preußen zugesprochen. 1817 löste Preußens König Friedrich Wilhelm III die Universität Wittenberg auf und vereinigte sie mit der Hochschule von Halle. Wittenberg bekam dafür ein evangelisches Priesterseminar.
1841
Wittenberg erhält einen Eisenbahnanschluss.
1847
Eine neue Elbbrücke wird eröffnet.
1873
Auf Befehl Wilhelms I müssen in Wittenberg die Festungsmauern geschleift werden. Stattdessen entstehen neue Grünanlagen.
Lutherstadt Wittenberg
1922
Wittenberg erhält den Status einer kreisfreien Stadt und beschließt, sich "Lutherstadt Wittenberg" zu nennen. Die Namensnennung wird aber erst 1938 bewilligt und offiziell.
1945
Am 26. April 1945 am Ende des zweiten Weltkrieges marschierte die Rote Armee in Wittenberg ein und blieb bis zu ihrem Abzug 1991.
2017
Das Jubiläum zum 500. Jahrestag des Thesenanschlags wird in der evangelischen Welt groß gefeiert werden. Wittenberg und Wittenbergs Geschichte stand im Zentrum des Interesses und erwartete einen nie dagewesenen Besucheransturm. Zahlreiche Gebäude, u.a. das Schloss, wurden zu diesem Ereignis hin renoviert, ein Luthergarten mit 500 Gehölzen entstand.